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aus: WAZ Witten, 11.05.2007 © Felix Guth
Andreas Bremer: Der Traum vom 100er-Club
Kein Interesse an extremeren Distanzen
Der 50-jährige Andreas Bremer vom Triathlon-TEAM Witten
startet zu seinem 88. Marathon.
"So lange die Rolling Stones noch auf der Bühne stehen,
laufe ich weiter."
Witten. Der "Karstadt Ruhrmarathon" ist
Nummer 88. Nur noch zwölf Mal 42,195 Kilometer - dann ist Andreas Bremer (50)
vom Triathlon-TEAM Witten an seinem Ziel angelangt. "Ich will die 100 so
schnell wie möglich voll machen," sagt er. Bremer würde damit in den
exklusiven 100er-Club aufgenommen, dem in Deutschland bisher nur eine
Handvoll Läufer angehört.
"Es ist diese Atmosphäre - die Zuschauer, die
anderen Läufer, der Zieleinlauf. Und man ist völlig vom Alltag der Welt
abgelenkt. Laufen gibt mir einfach ein positives Grundgefühl", schwärmt
Bremer vom Langstrecken-Erlebnis. Vor genau 20 Jahren entdeckte er die
reizvolle Marathon-Welt in Frankfurt für sich, seitdem lief er mindestens ein
Rennen pro Jahr. "Es macht einen immer wieder stolz, diese Strecke zu
schaffen, an die sich so viele Leute gar nicht erst herantrauen."
Den Ehrgeiz für den 100er-Club entwickelte er erst
in den letzten Jahren. Nachdem er sich lange Zeit als der Wittener mit den
meisten Marathons sah, trat plötzlich mit Richard
Szlachta ein Konkurrent um diesen Titel auf den Plan. "Da bin ich aus
meinem Dornröschenschlaf aufgewacht und habe wieder Gas gegeben", sagt
Bremer. Mittlerweile hat er Szlachta wieder überholt und will spätestens 2008
die magische Grenze überschritten haben.
Der Wittener sucht dabei nicht die großen Marathons
in Übersee. "Das Angebot in NRW und ganz Deutschland ist groß genug", sagt
er. "Außerdem lasse ich mich ungern über den Tisch ziehen", sagt er in
Anspielung auf die hohen Startgeldern bei großen Marathon-Veranstaltungen.
Warschau, London und Paris waren bislang seine weitesten Reisen.
Den Kampf gegen die Drei-Stunden-Marke hat der
50-Jährige mittlerweile aufgegeben. "Ich habe es bestimmt 20-mal versucht,
aber es hat nie funktioniert", sagt er. Beim Berlin-Marathon 1988 stoppte ihn
ein Magenproblem kurz vor dem Ziel, eine Woche später leitete ihn ein
Streckenposten auf den falschen Weg. So blieben als bisher gültige Bestzeit
die 3:02,25 Stunden stehen, die er 1994 in Herten-Bertlich lief.
Einen erneuten Angriff auf diese Bestleistung lässt
Bremers Körper nicht zu. Eine angeborene Wirbelsäulen-Fehlstellung sorgt für
Schmerzen bei jedem Lauf. Die Bandscheiben - "abgenutzt wie eine Schuhsohle".
Ans Aufhören denkt er aber keineswegs. "So lange die Rolling Stones noch auf
der Bühne stehen, laufe ich auch weiter", sagt der leidenschaftliche Fan von
Jagger, Richards & Co. Der Ehrgeiz stellt sich spätestens nach dem
Startschuss ein. "Im Wettkampf möchte ich so weit vorne landen wie möglich."
Bremer folgt dabei keinem bestimmten Trainingsplan.
"Ich laufe fast jeden Tag, aber nie mehr als 20 Kilometer. Und wenn ich keine
Lust mehr habe, höre ich auf." In der unmittelbaren Vorbereitung auf den
Ruhrmarathon absolvierte er noch einmal ein pralles Programm. Am vergangenen
Wochenende startete er innerhalb von 24 Stunden bei drei
Zehn-Kilometer-Läufen in Ennepetal, am Ümminger See und am Kemnader See. "Das
war eher Zufall", sagt Bremer, der eigentlich nur in Ennepetal laufen wollte.
Beim großen Ruhrgbietsrennen von Dortmund nach
Essen will er seine Zeit vom letzten Marathon in Duisburg (3:56 Stunden)
unterbieten. Denjenigen, die zum ersten Mal über die 42,195 Kilometer-Distanz
starten, prophezeit er bereits eines: "Irgendwann kann man nicht mehr
aufhören." Und man kann nun wahrlich nicht behaupten, der Mann wüsste nicht,
wovon er da redet. "Ich habe es 20-mal versucht, unter drei Stunden zu
kommen. Es hat nie geklappt." Andreas Bremer bezeichnet sich selbst als
"Ur-Wittener". Der BVB-Fan freut sich schon auf den Streckenteil durch
Gelsenkirchen. "Bei einem Sieg im Derby am Samstag wäre das bestimmt ein
gutes Gefühl."
Bevor er endgültig dem Marathon verfiel, testete
Bremer auch andere Varianten des Langstrecken-Laufs. Er absolvierte die
Ironman-Distanz in Roth und startete bei einem 100-Kilometer-Lauf in Unna.
"Aber die Extrem-Strecken reizen mich nicht. Das tut dem Körper auf Dauer
nicht gut." Amüsiert blickt er auf die große Schar von Walkern oder Nordic
Walkern beim Ruhrmarathon. "Für mich ist das ein Produkt der Werbung", sagt
der 50-Jährige.
© WAZ Witten Felix Guth
siehe auch: 100-Marathon-Club
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