|
Frankfurt
preist sich zu Recht als der Marathon der kurzen Wege. Allerdings stellt
sich für den Erstbesucher dieser Effekt erst nach einer gewissen
Orientierungs- phase ein. Das Messegelände gibt sich unübersichtlich.
Nur nach einer Stadtteil-Rundfahrt fanden wir das Hotel. Und die ca. 200
Meter vom Hotelausgang bis zur Registrierungshalle konnten wir nur mit
mehrfachem Durchfragen zurücklegen. Wie den meisten Männern fällt es
mir schwer, nach dem Weg zu fragen. Aber Angelika war mit, also musste
ich mich überwinden.
Wenn
man sich erstmal auskennt, ist aber alles ganz einfach. Der Knüller ist
das Maritim-Hotel, das als Partner des Veranstalters auch einen
Läufer-Tarif anbietet (110 € fürs Doppel mit Frühstück). Es liegt
direkt bei Start und Ziel. Aus dem Panorama-Fenster im 7. Stock hat man
Blick auf die Startvorbereitungen (Fotos). Noch 1 Stunde vor dem
Startschuss sitze ich in meinem Zimmer und lege die Beine hoch. Auch die
Läuferprominenz wohnt natürlich im Marathon-Hotel. Im Fahrstuhl
nötige ich Luminita Zaituc ein Lächeln ab, am Panoramafenster quatsche
ich auf die Steffny-Brüder ein, und beim Frühstück sitzt Konny Dobler
mit Familie am Nebentisch. Nur seine Frau scheint Mitlaufen zu wollen,
er versorgt das Baby.
Startaufstellung.
10 Minuten vor Elf ist mein Startblock Nr. 2 so voll, dass ich über den
Zaun klettern muss, um noch hinein zu kommen. Wir stehen so eng, dass
man die Hände nicht mehr zum Applaus hochkriegt, als die Asse
vorgestellt werden. 1:11 min brauche ich nach dem Startschuss bis zur
Linie. Das ist noch im Rahmen, aber dann ärgere ich mich, dass es auf
dem ersten Kilometer nur gebremst losgeht. Umso größer das
Erstaunen beim Blick auf die Uhr: Km 1 in 4:48, genau das Tempo, das ich
laufen will.
Ein
Mitläufer tönt lautstark von seinem persönlichen 3-Länder-Marathon.
Gestern Basel, heute Frankfurt, morgen Dublin. Mein Fahrgestell würde
das nicht mitmachen.
Das
Wetter ist besser als befürchtet. Kalt, windig, aber trocken. Bei Km 1
(gleichzeitig 7, 8, 38 und 41) hat sich Van-Man Jochen aufgebaut. Er tut
mir etwas leid, sein fachkundiger Kommentar findet hier nur wenige
Zuhörer. Ich selbst vermisse die Zuschauer nicht, sondern bin so
konzentriert auf meinen Lauf, dass ich die Alte Oper erst wahrnehme, als
wir zum zweiten Mal dran vorbei- kommen. Bei km 11 habe ich ein erstes
Problem. Die Lasche im rechten Schuh hat sich nach unten verschoben, die
Schnürung drückt auf den Spann. Ich muss anhalten, um das zu
korrigieren. Zum Glück tritt es nicht wieder auf. Dabei hat dieser
asics 2070 schon 600 Trainings-km hinter sich. Die Schuhe sind auch ok,
dies sollte mein erster Marathon ohne blaue Zehennägel werden. Aber das
liegt vielleicht mehr daran, dass ich diesmal bis ins Ziel die Haltung
bewahre.
Die
Verpflegungsstationen sind wirklich vorbildlich aufgebaut und bestückt.
Wasser, Tee, Mineralwasser, Energy Drink, Bananen. Ich greife nur ab und
zu zum Wasserbecher, denn erstmals laufe ich mit Eigenver- pflegung. In
meinem Patronengürtel stecken 4 Fläsch- chen mit insgesamt 0,75 l High
5. Das war ein Tipp von Wittens Rekordläuferin Birgit Schönherr, und
er hat sich bestens bewährt. Das Zeug ist nicht so süß, und aus den
Flaschen kann man in Ruhe trinken. Ich hatte mir die Trinkphasen vorher
eingeprägt (km 8, 17, 26, 34) und halte das ein, obwohl das Zeug zum
Schluss nur noch schwer runterzukriegen ist.
Jetzt
kommt sogar die Sonne raus. In Kombination mit Rückenwind wird es
richtig warm. Das veranlasst manche Mitläufer zu Schamlosigkeiten. Eine
adrette Dame hat ihr Sweatshirt um die Hüften gebunden und läuft
ungeniert im geblümten BH daher. Nicht, dass mir dieser Anblick
unangenehm wäre. Da stört mich schon eher, dass sie mich zügig
überholt! Dafür nähere ich mich langsam einem jungen Läufer, der in
knapper Unterhose daherkommt. Wo er sein langes Laufkleid gelassen hat,
bleibt unklar. Später sehe ich ihn bei Kleiderausgabe wieder, immer
noch so entblösst, und ziemlich verfroren. Vermutlich ein Triathlet,
die haben ja sowieso nie mehr an.
Mein
Puls ist sensationell niedrig. Ich laufe mit ca. 4:45 min/km etwas
schneller als geplant, der Puls ist trotzdem unter 130. Warum also Tempo
rausnehmen? Die km-Schilder kommen mir förmlich entgegen. Ich
konzentriere mich auf die Ideallinie, suche bei Gegenwind Schutz und bei
Rückenwind freie Bahn. Im Gegensatz zu allen 6 Marathons, die bisher
gelaufen bin, empfinde ich diesen nicht als großes Erlebnis, sondern
als nüchtern abgespultes Rennen. Aber das geniesse ich mindestens
genauso.
Die
6km-lange Gerade ab km 32 auf der Mainzer Landstrasse gilt allgemein als
quälend. Mit dem Wind im Rücken fand ich diesen zuschauerfreien
Abschnitt eher hilfreich. Ich erwische mich jetzt immer wieder dabei,
dass ich den Kopf nach hinten hängen lasse. Die Schmerzphase hat
begonnen. Mehrfach muss ich mich zur Haltungskorrektur ermahnen: Kopf
nach vorn, Schultern locker, Arme seitlich führen. Und schon geht's
wieder leichter. Jedenfalls für ein paar Meter.
Ich
habe den komplizierten Streckenverlauf nicht genau im Gedächtnis und
warte ungeduldig auf den Wendepunkt, als ich die schnelleren Läufer auf
der anderen Straßenseite sehe. Da ist es doch ein Schock, als statt
einer Wende eine endlose Schleife durch die Innenstadt folgt.
Auf
der Startnummer ist mein Vorname aufgedruckt. Besonders auf den letzten
5 km, wo dann stellenweise wirklich viele Zuschauer sind, wird man
häufig mit dem Namen angefeuert. In dieser Phase kann ich nur noch
schwach mit Handzeichen dafür danken. Meine Überholquote ist
inzwischen negativ geworden. Seit km 38 kann ich das Tempo nicht mehr
halten und verliere jetzt doch 2-3 Minuten.
Ein
Glücksgefühl ist es, nach der letzten Kurve weit vor sich den riesigen
Hammering Man zu sehen, und man weiß genau, da wartet das Ziel. Mit
einer spürbaren Endbeschleunigung verschwinde ich in der lärmenden
Festhalle und strahle beim Blick auf die Ziel-Uhr. In der Dunkelheit der
Halle lasse ich mich gleich zweimal zu einer Becker-Faust hinreissen,
zum Glück erst hinter dem Fotografen.
Die Bestzeit um knapp 5 Minuten verbessert: 3:24:46 netto.
Die
Verpflegung im Ziel ist das reinste Schlaraffenland. Mir geht es aber
wie immer: Ich probiere dies und das, aber vor Erschöpfung kriege ich
nichts runter. Nur die Cola tut wirklich gut.
Das
Fazit zu Frankfurt: Ich war mit dem Vorsatz gekommen, einmal
Frankfurt und nie wieder. Schließlich war diese Wahl nur aus Termin-Not
geboren. Jetzt kann ich mir schon vorstellen, hier wieder zu laufen. Mir
hat es ausgesprochen gut gefallen, in der Konzentration nicht
übermäßig gestört zu werden, und das Teilnehmerfeld war gerade so
groß, dass man nie allein war und doch nie im Rhythmus gestört wurde.
Frankfurt ist das richtige Rennen für Läufer, die nicht das
Gefühls-Bad in der Menge suchen, sondern eine schnörkellose, gut
organisierte Veranstaltung, die beste Voraussetzungen für eine Bestzeit
bietet. Wenn das Wetter mitspielt ...
Auf dieser website siehe
auch:
Meine Lauf-Analyse und
Trainingsplan
Alle meine Wettkämpfe
Stories
|
|
Fotos vom Panoramafenster
des Maritim-Hotels:

Die Festhalle:
Samstags Nudelparty,
sonntags Zieleinlauf.

Mainhattan als Kulisse
der Marathon-Strecke

Ruhe vor dem Sturm am Start:
Der Hammering Man geht
ungerührt seiner Arbeit nach.

Wie auf Wolken,
doch es ist ein roter Teppich:
Zieleinlauf in der Festhalle.
(Foto von Live-Sportphotos)

Die Medaille gab es gegen Aufpreis sogar mit individueller
Gravur
auf der Rückseite.
Links:
www.frankfurt-marathon.de
offizielle website
www.live-sportphotos.com
Foto-Dienstleister
www.victorycam.de
Zieleinlauf als Digital-Video
www.laufreport.de
ausführliche Berichte mit
vielen Fotos
www.event-buch.de
bietet das Buch zum Lauf
www.marathon.de
die ultimative Info-Seite
|