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Es gibt noch
kleine Wunder: Die Bahn ist pünktlich an diesem Samstagnachmittag. Dafür
reden heute alle Läufer vom Wetter. Sturm und Regen lassen uns durch die
Fussgängerzone schnurstracks zum Kursaal hasten. Das tun auch die
anderen 1299 Angemeldeten, und so lang sind auch die Schlangen. Wir
machen kehrt, essen unsere Nudeln in einem Schickeria-Cafe und kommen
wieder, als die Schlangen weg sind, aber auch die Bonbon-Dosen alle, die
die Läufer als kleines Geschenk erhalten. Als Vergeltung esse ich gleich
noch eine dicke Nudelportion. Nach 17 Uhr dürfen wir ohne Eintrittsgeld
auf die Westerländer Kurpromenade und lesen die Wetteranzeige: 6°c,
Windstärke 7 Bft. aus Westsüdwest.
Ich bin ein
Ungläubiger. Da aber das Abendprogramm sonst nichts hergibt und ich
empfänglich bin für besinnliche Stimmungen, gehen wir zum
Läufer-Gottesdienst in der Alten Kirche St. Niels. Zu Orgelmusik und bei
Kerzenlicht gibt Wilfried Schewe eine eindrucksvolle Schilderung der
nordfriesischen Inselgeschichte und trägt ein Gedicht vor.
„Trutz,
blanke Hans“, von Detlev von Liliencron, scheint eine Art Hymne der
Nordfriesen zu sein, und die Ergriffenheit überträgt sich vom
Vortragenden auf die Zuhörerschar.
Am
Sonntagmorgen
warten die Busse pünktlich ab 08.20 Uhr am Bahnhof, um die Läufer zum
Start in Hörnum an der Südspitze zu bringen. Ich hatte als Kleidersack
die Tüte vom Silvesterlauf Werl-Soest gewählt. So eine hat bestimmt kein
Zweiter, dachte ich, da ist sie hinterher leicht wiederzufinden. Ich
suche mir einen Platz im Bus. Was für eine Tüte hat mein Sitznachbar auf
dem Schoß? Richtig geraten, die vom Silvesterlauf Werl-Soest.
Der M65er fragt
mich nach meiner Zeit in Soest und gibt sich beeindruckt. Er verrät aber
nicht, dass er selbst noch viel schneller ist. Ich erkenne Horst Clement
aus Paderborn später auf dem Siegerpodest wieder. Er hat seine AK
überlegen gewonnen und mir glatte 10 Minuten abgenommen.
Am Start steht
Detlev Domanski neben mir. Mit einem Schild auf seinem Rücken verrät er,
dass er heute seinen 50. Geburtstag feiert. Das weiss auch der
Organisator Franz, der ihm noch am Start öffentlich gratuliert. Die
Läuferschar singt ihm ein Ständchen, das später bei der Siegerehrung
nochmal wiederholt wird. Detlef wird 5. in M50. Jeder, den ich heute
kennenlerne, scheint schneller zu sein als ich.
Franz gibt den
Wetterbericht durch, inclusive der Wassertemperatur. „Wer bis zum Knie
im Wasser steht, ist vom Weg abgekommen“. Immer wieder mahnt er, nicht
zu schnell anzugehn, und droht, erschöpfte Läufer vor sich selbst zu
schützen und von der Strecke zu nehmen. Ich kenne die Strecke vom Lauf
vor 2 Jahren. So wie ein Marathon bei km 30 erst richtig beginnt, so
wird es beim Syltlauf erst ab km 25 richtig ernst, wenn es in die
sandigen Dünenwege geht, unerwartete Steigungen bewältigt werden müssen
und der Wind bestimmt aus der falschen Richtung kommt.
Heute aber ist der
Wind unser Freund. Ich wundere mich angesichts meines Tempos über meinen
niedrigen Puls. Woran das liegt, merke ich spätestens, als es nach 15km
in Westerland Richtung Kurpromenade geht. Windstärke 7, in Böen noch
mehr, kommt uns aus Westen entgegen und unser Lauf wird mehr zum
tiefgebückten Laufversuch. Doch auch wenn die Bö von der Seite kommt,
geraten wir schon mal aus Spur.
Auf der
Kurpromenade werde ich vor großem Publikum namentlich erwähnt und sorge
so dafür, dass der Lauftreff Witten-Stockum hier zu Ehren kommt. Direkt
hinter der Reling tobt der Blanke Hans, die Fluten wogen im Sturm dicht
an uns heran.
Vor 2 Jahren hatte
ich beim nasskalten Nebellauf nicht viel von der Insel gesehen. Auch da
sind wir heute besser dran. Unter dramatischem Wolkenhimmel, der hin und
wieder aufreißt, sehen wir mal die eine, mal die andere Seite der Insel.
Das Publikum gibt sich ausgesprochen applausfreudig. Zwischen Westerland
und Kampen gerate ich in den Endorphinrausch, mutiere zum Dauerlächler
und bedanke mich bei jedem zweiten Zuschauer.
Zwischendurch eine
Überraschung. Manfred Schöppner vom USC Bochum steht am Streckenrand und
feuert mich an. Er coacht seine Vereinskollegin Helga Preuss.
Erfolgreich, denn sie läuft auf den dritten Platz der W50 (nein, sie ist
nicht schneller als ich).
Dann geht es in
die Dünen. Der Untergrund wird anspruchsvoller und die erste Steigung
wartet. Der Rückenwind schiebt uns förmlich hinauf. Trotzdem wundere ich
mich schon sehr, dass ich immer noch ein 4:30er Tempo laufen kann. Ich
beginne mit unwiderstehlichen Überholvorgängen. Nur den Mitstreiter, der
mich lange Zeit gezogen hat und der wie ein Uhrwerk den Lauf abspult,
muss ich doch auf den letzten Kilometern davonziehen lassen. Auf der
langen Zielgeraden spüren wir nochmal, wie das Rennen ausgesehen hätte,
wenn dieser Wind aus der falschen Richtung gekommen wäre. Ich glaube, da
hätte ich keine 10km zu Ende gebracht.
Im Ziel
gibt’s Bananen und Caro-Kaffee, die Kasernen-Duschen sind geräumig und
heiß, die Busse für den Rücktransport warten schon. Dann folgt das, was
den Syltlauf erst so richtig rund macht. Nirgendwo sonst gibt es eine so
schöne, stimmungsvolle Siegerehrung. Franz, der doch jetzt schon im
36-Stunden-Dauerein-satz sein muss, moderiert mit viel Gefühl und Humor.
Er versteht es, aus der vollbesetzten Halle eine einzige Läufer-Familie
zu machen. Für mich steht fest: Ich bleibe ein Wiederholungstäter.
Leider keine gute Nachricht zum Abschluß: Wegen der Schließung der
Marineschule, deren Räume bisher für Übernachtungen, Umkleiden und
Duschen genutzt wurden, wird der Syltlauf möglicherweise 2006 zum
letzten Male stattfinden.
©
Uli Sauer, 26.03.04
nächster Termin: 08.03.2007
Anmeldung ab 01.07.2007 www.syltlauf.de
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Die diesjährige Medaille
zeigt das Wappen
der
Gemeinde Westerland.
Übrigens, wie Franz betonte, mit freundlicher Genehmigung
der Verwaltung.
Link zu
allen 33 Fotos
Der Berichterstatter mitten im Endorphin-Rausch.
Die beiden neuen Streckenrekordhalter:
Anke Kemmener (2:11:57) und
Jens Henrik-Jensen (1:51:51, mit dänischer Fahne)
Information und
online-Anmeldung:
www.syltlauf.de
nächster Termin: 08.03.2007
Anmeldung ab 01.07.2007
www.syltlauf.de
Info zum Begriff
„Blanker Hans“:
siehe hier
Mehr Berichte vom Syltlauf
und von weiteren Inselläufen bei
www.insellaeufer.de
zum Lauf 2006:
153 Lauf-Fotos
Kurzbericht
Inselfotos Sylt
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