|
Köln Marathon: Gänsehaut bei Samba, Wind und Kälte
|
...und
das bei den Verhältnissen. Nein, es lief überhaupt nicht so, wie ich
mir die Startvorbereitungen vorstellte. Das nasskalte Wetter, das so
wichtige Buff im Auto vergessen, den Kleiderbeutel auf den letzten Drücker
in den LKW geworfen, viel zu spät eingecheckt, 4:20 min nach dem
ersten Kilometer – sollte heute eine Welt für mich zusammenbrechen?
Es sollte anders kommen – ab dem Agrippina-Ufer konnte ich endlich
frei laufen, und es ging flott zur Sache. Ohne dass ich es wollte,
hatte ich bei km 10 bereits eine Minute herausgelaufen. Stimmten die
Kilometerangaben nicht oder war es der Lauf gegen die Kälte? Und es
ging so weiter. Ich fühlte mich gut, keineswegs zu schnell. Der
Sambarhythmus dröhnte uns vom Rudolphplatz entgegen – Gänsehaut
beim Passieren der Halbmarathonmarke – 1:26:09 min – nach wie vor
1 Minute im Plus. Auf dem Ring standen die Massen so eng, dass man
kaum noch überholen konnte. Ein Mordsgetöse – das war Gänsehaut
pur.
Vorbei am Mediapark passierten wir die Kilometer 27 und 28 – die
Reihen lichteten sich, es wurde ruhiger. Wahrlich kein Wetter, um sich
einen Marathon anzusehen. Da kann das Kölsch nicht wirklich
schmecken. Der teils böige Wind nervte zunehmend. Darunter sollte nun
das gesamte Feld leiden, denn in den Straßen zwischen den Kilometern
30 und 35, wo die Bürgersteige häufig nur spärlich besetzt waren,
verloren viele Marathonis wertvolle Sekunden und Minuten. Auch ich ließ
mich durch „die Ruhe“ wahrscheinlich anstecken und merkte das erst
viel zu spät.
Ein letztes Mal Richtung City. Vor dem Rudolphplatz wurde es wieder
lauter. Konzentriert laufen und Zeiten nachrechnen – eine schwierige
Sache. Das gibt es doch nicht – noch mal nachgerechnet – es
stimmt, ich lag nicht mehr im 4:10er Schnitt, ja, ich hatte sogar mehr
als eine Minute verloren. Das hieß für mich, die geplanten 2:55 std.
rückten in weite Ferne, sollte sich die Situation nicht noch einmal
gehörig ändern.
Den „Mann mit dem Hammer“ traf ich nicht, hatte vor dem Start gut
gegessen und viel getrunken, doch Muskulatur und Gelenke schmerzten
jetzt bei jedem Schritt. Ich hatte keine Wahl, musste noch einmal
anziehen, wollte ich mir eine kleine Chance wahren. Bei Kilometer 38
erkannte ich den entsetzten Blick eines Freundes, der wohl beim
Anblick meines schmerzverzerrten Gesichtsausdrucks
spontan mitleiden musste. „Halt´ das Tempo, dann reicht
es“, schrie er mir zu. Was tu ich mir da an, warum macht man so was.
Egal weiter, weiter, etwas geht noch...
Den Lauf durch die Menschenmassen konnte ich im Finale leider nicht
genießen. Endlos weit schien das Ziel. Kilometer 41, die Zeit rennt
davon, komm Alter, zieh noch mal! Vor mir der letzte Inliner, zack,
vorbei – vielleicht noch 300, 400 Meter – ich lief was das Zeug
hergab. Die Ziellinie, die Uhr gedrückt, ein banger Blick – nein
– eine für mich fantastische Zeit – 2:55:05 std. – aber diese 6
Sekunden, ich könnte mich in den A....
Die Trauer nach dem Zieldurchlauf wich schnell dem Stolz über die
neue Bestmarke, die ich um zweieinhalb Minuten verbessert hatte. Bei
all dem Gerangel um Bestzeiten lief ich heute mit 11 weiteren männlichen
und weiblichen Marathonis aus unserem Verein für einen guten Zweck.
Bei der Aktion „Fersengeld“ rannten wir für das Institut für
Musiktherapie der Universität Witten/Herdecke ... und das bei den
Verhältnissen.
©
Dieter Veldscholten 2002
Köln-Marathon
PV Triathlon Witten
Fotos
vom Köln-Marathon
Wittener beim Köln-Marathon
|

(Foto: Udo Leopold)

mit Buff: Dieter bei km 35
(Foto: mittelstaedt.de)
|