mehr Stories


Diese Seite wird auf privater Basis betrieben und ist nicht kommerziell.
Einnahmen werden ungekürzt gespendet an Sterntaler eV, Herdecke.



Interview von © Jörg Stratmann, FAZ vom 14.03.03

"Athen ist mir viel zu warm für einen Marathon"
Nachgefragt bei: Haile Gebrselassie, Rekordläufer


Das Publikum kennt ihn als lächelnden Leicht- athleten, der von Rekord zu Rekord läuft. Aber im vorigen Sommer in Hengelo hat der zweimalige Olympiasieger und zehnmalige Weltmeister Halle Gebrselassie aus Äthiopien eine ganz neue Erfahrung gemacht: Beim Versuch, den Stundenweltrekord zu brechen, mußte der bald dreißig Jahre alte Langstreckenläufer, der sich mehr und mehr dem Marathon widmen wollte, erstmals ein Rennen wegen einer Verletzung aufgeben. Damals sah sein Manager Jos Hermens sogar die Karriere in Gefahr. Doch der Athlet, der dieser Tage sein Buch „Laufen mit Haile Gebrselassie" (288 Seiten, Ehrenwirth Verlag, 19,90 Euro) vorstellte, gilt am Wochenende bei den Hallen-Weltmeisterschaften in Birmingham wieder als großer Favorit über 3000 Meter.

Im vorigen Sommer sorgte sich Ihr Manager sehr um Sie und sagte: Hoffentlich erkennt er dieses Signal. Was haben Sie unternommen, um wieder so schnell zu rennen?

Eigentlich war das für mich kein größeres Problem. Natürlich hatte ich niemals zuvor ähnliche Verletzungsschwierigkeiten gehabt. Aber wir haben die Pause genutzt, um über den Rest meiner Karriere zu sprechen. Ich habe etwas geändert. Und jetzt bin ich wieder ganz gut in Form.

Was haben Sie verändert? 

Ich hatte damals wegen meiner Marathon- Vorbereitungen eine Kleinigkeit in meinem Laufstil angepaßt, was aber falsch war. Ich wollte das eigentlich nicht, doch es schien nötig, um auf der Straße zu laufen. Aber danach beschloß ich, wieder so zu laufen wie vorher.

Heißt das, wir werden den Marathonläufer Gebrselassie vorläufig nicht mehr erleben?

Ich habe mich noch nicht festgelegt. Bevor ich mich wieder richtig auf den Marathon konzentriere, lassen Sie mich noch ein bißchen 5000 und 10 000 Meter rennen. Natürlich will ich zwischendurch einige Marathons bestreiten. In zwei Jahren, vielleicht ein wenig früher, werde ich dann ganz von den Bahnrennen zum Marathon wechseln.

Im letzten Jahr sagten Sie noch. Sie fühlten sich mittlerweile zu alt für die kürze' ren Distanzen.

Manchmal scherze ich halt gern. Aber im Ernst, Sie haben natürlich recht. Es ist wirklich nicht leicht, so zu rennen wie früher. Ich versuche, das Tempo zu halten. Und das gelingt mir ja nicht schlecht.

Eine nette Untertreibung; ein Weltrekord war in diesem Jahr auch schon wieder dabei. Was haben Sie sich denn noch vorgenommen?

Nach der Hallen-WM, im Sommer, will ich dann bei den Weltmeisterschaften in Paris 10 000 Meter laufen. Und vielleicht beende ich das Jahr mit einem Marathon. Anschließend kehre ich wieder zu den 10000 Metern zurück. Wenn ich mich für die Olympischen Spiele 2004 qualifiziere, dann über diese Strecke, nicht im Marathon. Es ist mir in Athen viel zu warm.

Und zusätzlich haben Sie im vorigen Jahr versprochen, in alter Frische nach Hengelo, Ihrer zweiten Heimat, zurückzukehren und dort wieder einen Rekord zu versuchen. Wie haben Sie damals das mißlungene Rennen erlebt? Ich war schockiert. Nicht nur weil ich so etwas noch nie mitgemacht hatte. Auch wegen des Publikums, dem ich ja wieder ein gute Vorstellung bieten wollte. Ich war wirklich tief erschrocken, und es hat mich lange verfolgt, wie das passieren konnte. Aber das ist vorbei.

In Ihrem Buch sagen Sie, Laufen vermittelt Ihnen ein gutes Gefühl, und umgekehrt: Wenn Sie sich gut fühlen, können Sie schnell laufen.

So ist es. Wenn Sie sich einmal entschlossen haben, zu laufen und dabei etwas Besonderes zu leisten, kommt es gar nicht so sehr auf die Physis an. Die mentale Stärke ist das Wichtigste. Und da versuche ich weiterzukommen. Ich will noch etwas Besonderes leisten.

Vor einigen Jahren war es für Sie noch das Größte, Olympiasieger für Ihr Land zu werden. Das haben Sie längst geschafft und sind in Ihrem Land anerkannt und berühmt. Wie wollen Sie das noch steigern? Wollen Sie etwa noch Ma-rathon- Olympiasieger werden? 

Ich denke tatsächlich darüber nach. Wenn ich die Weltbestzeit im Marathon brechen könnte, wäre das für mich vielleicht ähnlich. Aber der Olympiasieg ist doch immer noch das Höchste und Wichtigste. Das noch einmal zu erleben, wäre für mich wundervoll.

Dann müßten Sie dem Buch ein weiteres Kapitel hinzufügen.

Das muß ich sowieso. Denn eigentlich ist es schon jetzt nicht mehr aktuell. Auf dem Titel stehen noch 15 Weltrekorde. Mittlerweile sind es schon 16.

© Jörg Stratmann, FAZ 14.03.03 

 

 

 

 

 

Haile InfoSeite
 


Diese Seite wird auf privater Basis betrieben und ist nicht kommerziell.
Einnahmen werden ungekürzt gespendet an Sterntaler eV, Herdecke.

nach oben    mehr stories