Run like the
wind - Marathon auf der Insel Föhr
Bericht von Andrea Halbe
Am
Start hat mich Daniel Zeppa angesprochen. Wie immer hatte ich auf
meinem Handrücken Notizen aufgeschrieben. Daniel sah dies und fragte
mich, ob das die Zeiten seien, die ich laufen möchte. Ich musste
schmunzeln und antwortete spontan: "Nee, das sind die Kilometer, wo
ein Klo steht, denn so viele gibt es bei dem Lauf nicht." Ein lautes
Lachen war die Antwort darauf.
In den letzten Tagen war es ungewöhnlich windstill auf der Insel. Beim
Wyker Lauftreff meinten die Einheimischen, so etwas gab es bis jetzt
noch nie beim Marathon. Leider auch diesmal nicht. Heute war der erste
Tag seit langem mit extrem starken NW-Wind.
Beim Start wetzte ich los, die ersten km waren sehr entspannt. Es ging
am Südstrand entlang, wo wir Rückenwind hatten, danach kamen wir zum
Hauptort Wyk, wo sich viel Publikum befand, das uns toll anfeuerte.
Die Enspannung nahm spontan bei km 7 ab. Wir waren am Hafen
angekommen, am Restaurant Klein Helgoland, um die Ecke herum kam dann
der Wind von vorne. Bei km 10 hatte ich schon Wackelpudding in den
Beinen, der Wind war einfach unglaublich. Ich wusste, dass sich bis km
15 nicht viel ändern wird, denn die km am Deich entlang sind immer
sehr windanfällig. Die Einheimischen hatten mir noch gesagt, dass ab
km 15, wenn es vom Deich wieder herunter geht, der Wind noch schlimmer
wird, da er von vorne kommt und keine Bäume oder Sträucher den Wind
abschwächen kann. Aber dieses Stück fand ich gar nicht so schlimm.
Bis km 21 kam ich relativ gut durch, leider tat mir allerdings meine
Hüfte schon sehr weh. Schon seit Monaten konnte ich aufgrund dieser
Probleme nicht gut trainieren. Ab und zu musste ich das Training
abbrechen und ein paar Tage pausieren.
Der ständige starke Wind von vorne war für mich einfach tödlich. Ich
habe immer versucht, den Oberkörper aufrecht zu halten, um die Hüfte
zu schonen, aber bei einem so starken Wind knickt man automatisch
immer wieder nach vorne ein.
Das Motto des Marathon war „Run like the wind". Passender wäre gewesen
„Run against the wind". Ab Halbmarathon wurde es ziemlich einsam, da
ich eher zu den langsamen Läufern gehöre. Kilometerlang sah ich keinen
Läufer mehr. Ich versuchte einfach abzuschalten und die Kilometer
herunter zu spulen. Ich wusste, dass später auch noch mal Rückenwind
kommt und ich einfach durchhalten muss.
Bei km 30 sah ich Niklas, den jüngsten Marathonteilnehmer heute. Ich
hatte ihn einen Tag vorher im Bus kennengelernt, als wir die
Startunterlagen abholten. Am Start hatte er mir schon erzählt, dass er
beim Training oft starke Knieprobleme hatte und dass schon jetzt am
Start seine Knie weh taten. Ich wollte ihm ein wenig Hoffnung machen,
da es ja auch sein erster Marathon war, und sagte zu ihm, das geht
schon, die Knie laufen sich ein. Du wirst sehen, das geht schon.
Jetzt, wo wir noch gute 12 km vor uns hatten, munterte ich ihn auf,
dass er wenigstens noch 900 m weiter laufen soll, da dort eine
Verpflegungsstelle kommt und er sich dort erst einmal stärken kann.
Gesagt, getan. Am Verpflegungsstand meinte Niklas zum einheimischen
Feuerwehrmann: „ Ich kann nicht mehr, meine Knie tun weh." Der
Norddeutsche antwortete nur trocken: "Ja und was sollen wir jetzt tun,
sollen wir Dich jetzt operieren?" Ich musste schmunzeln.
Den nächsten Abschnitt fand ich besonders schwer. Wind mal wieder von
vorne, freie Felder, kein Mensch weit und breit zu sehen. Ich munterte
mich selber auf, indem ich mir sagte, jetzt sind es ja nur 4,1 km bis
zum nächsten Verpflegungsstand und dann kommt das Goting-Kliff mit
Rückenwind. An der Verpflegungsstelle angekommen, war ich erst
erleichtert. Eine Helferin meinte, dass ich das Schlimmste jetzt
überstanden hätte und kein Wind mehr von vorne komme, nur noch von der
Seite und von hinten. Das war gelogen. Vor allem bei km 37 und 38
blies der Wind heftig von vorne. Egal, dachte ich, nur nicht aufgeben
und nicht anfangen zu gehen. Bei km 40 sah ich eine Helferin vom Wyker
LT, wir schnackten kurz, aber dann hatte ich es doch eilig. Ab km 30
hatte ich mir die Bananen und die Cola hineingekippt, was mir half,
aber mein Magen fand dies nicht so toll. Bei km 41 war ich in Alkersum
angekommen, jetzt war es nur noch ein km bis Midlum, dem Start-und
Zielort.
Die letzte Kurve zum Ziel und ich bekam Flügel und gab noch einmal
Gas. Im Ziel angekommen war ich einfach nur glücklich. Dieser Marathon
war definitv einer der schwersten, den ich gelaufen bin. Der Laufgott
hatte es uns nicht leicht gemacht, indem er den Wind anstellte. Später
im Ziel sah ich noch einmal Niklas, der es mit Hängen und Würgen noch
irgendwie ins Ziel geschafft hatte. Er bekam bei seiner ersten
Marathonzielüberquerung das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Ich
freute mich für ihn, dass er angekommen war, denn der erste Marathon
ist immer etwas besonderes. Allerdings bemerkte er noch, dass seine
Knie sich nicht eingelaufen hatten und lachte.
Wir fuhren anschließend wieder gemeinsam mit dem Bus nach Wyk. Mann,
war das wieder ein Lauf, alles war wieder dabei, Freude, Spaß, aber
auch Kampf und Schmerzen.
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