WW.LAUFEN-IN-WITTEN.DE
Triathlon News

15.11.2018
zurück zur Triathlon News Übersicht

 

 

 



TT-TGW: Ironman World Championship Hawaii 2018. Bericht von Ronny Seidel

Mit viel Emotionen berichtet Ronny Seidel von seinem Hawaii Ironman 2018. Da kann das Triathlon-TEAM TG Witten nur herzlich gratulieren und seine Erinnerungen als Werbung für den Triathlon-Sport veröffentlichen:

Mein Weg -

Es kam das Jahr 2016, als ich nach privaten Rückschlägen mich dazu entschloss, wieder mit dem Triathlon-Sport zu beginnen. Möglich war dies nur durch die Unterstützung meines Bruders Stephan. Über zehn Jahre habe ich diesen meinen geliebten Sport nicht mehr ausüben können. Im August 2016 begann ich also, wieder regelmäßig schwimmen zu gehen, und ich kam überraschenderweise gut rein und konnte im späteren Verlauf bessere Zeiten hinlegen als Jahre zuvor. Ich hatte wieder richtig „Bock“.

So kam im Januar 2017 das Laufen hinzu. Auch hier zu meiner Verwunderung mit wirklich guten Fortschritten. Das nächste Ziel dann im März: Mit neuem Rad und großer Motivation ging es zur nächsten Disziplin. 2017 konnte ich auch schon wieder an diversen Ligawettkämpfen für den Verein teilnehmen und wichtige praktische Erfahrungen sammeln, hatte ich doch im Februar beschlossen, mich für den Ironman in Kraichgau und Frankfurt für das Jahr 2018 anzumelden. Irgendwie stand zu diesem Zeitpunkt für mich auch schon das Ziel Hawaii fest, und ich habe es fest im Kopf verankert. Danke auch an Thomas Fehrs für das Vertrauen, mich direkt wieder in der Liga einzusetzen, es war genau der richtige Weg...MERCI Thomas!

- Das Ziel: die Hawaii Quali -

Die Vorbereitung für Kraichgau 2018 verlief gut, und ich hatte nur ab und zu mit körperlichen Problemen zu kämpfen. In Kraichgau hatte ich mich dann auch noch mit Platz 6 in der AK für die WM in Südafrika qualifizieren können. Ich wusste aber, das mehr geht, und hatte den Slot nicht angenommen. Dann kam der Tag des Jahres in Frankfurt.

Ich muss sagen, die Entscheidung, meine Kinder dahin mitzunehmen, war absolut die richtige. Irgendwie kämpft man doch ein Stück mehr, wenn man sieht, wie die beiden (Amelie 6; Richard 5) voll dabei sind, und so kam am Ende Platz 5 in der AK heraus und der Slot für Kona. Diesmal standen wir montags natürlich bei der Slotvergabe. Auch das war schon ein toller Moment, und dass es alles so kam, habe ich zu einem Großteil meiner Freundin Ezo und meinem Bruder Stephan zu verdanken. Ihre Unterstützung war einfach grenzenlos. Ebenso groß war natürlich auch der Support durch die ganze Familie.

- Hawaii ...wir sind dabei! -

Irgendwie war alles wie ein großer Traum und doch war es Realität, ich wurde Teilnehmer beim Ironman auf Hawaii. Mein Bruder war beim 30jährigen Jubiläum 2008 dabei und ich folgte nun zum 40jährigen 2018, was für ein Zufall. Generell muss ich an dieser Stelle meinem Bruder von Herzen danken. Er hat nicht nur die Pläne für mich geschrieben, sondern hat mich auch bei den langen Läufen mit dem Rad begleitet. Das war ganz großes Kino, und ich war froh, ihm es mit der Hawaii- Teilnahme ein Stück weit zurückgeben zu können. Man muss dazu sagen, dass ich kein einfacher Klient war, da ich oft über die Stränge geschlagen habe, in sportlicher Hinsicht natürlich, aber wir uns am Ende doch super ergänzen konnten.

- Der Ironman auf Hawaii -

Wir hatten uns gegen den großen Veranstalter entschieden und haben alles selbst in die Hand genommen und so nicht nur Geld gespart, sondern hatten auch ein wahnsinnig tolles Apartment in der Nähe von Kona mit allem drum und dran. Das Feeling vor Ort lässt sich einfach kaum in Worte fassen. Wenn man diesen Sport so liebt und dann die Möglichkeit bekommt, dort zu starten, ist es einfach mehr als ein Traum. Wir wohnten nur 3 Kilometer vom Energy Lab entfernt auf etwa 400m Höhe mit einem wunderschönen Blick auf den Pazifik. Wir hatten beide unsere Räder mit und haben vorher die Strecke immer in Teilen abgefahren. Die Hitze und die Luftfeuchtigkeit hatten uns nicht so viel ausgemacht, und ich konnte meinen Trainingsplan dort gut absolvieren. Es war einfach wunderbar, wie die Menschen einen unterstützt haben.

- Der Start am Pier in Kailua-Kona -

Der Check-In lief tadellos, alles war bestens organisiert. Ich hatte einen guten Platz in der Wechselzone, der leicht zu finden war. Am Morgen hatte ich noch meine Radflaschen angebracht und die Reifen auf 8 Bar gepumpt. Alles war sehr friedlich und jeder einfach hilfsbereit. Wir hatten Glück, denn die Wellen der vergangenen Tage waren deutlich niedriger und so konnte das Rennen im Pazifik starten. Ich hatte mich weiter links positioniert, um dem Trubel in der Mitte zu entgehen. Eine sehr gute Entscheidung, ich bin zwar insgesamt 100m mehr geschwommen, aber dafür ohne große Schläge und Tritte. Ich kam gut ins Schwimmen und konnte meine Pace machen. Beim Wechsel war das Zelt einfach extrem voll und mein Einteiler mit den langen, engen Ärmeln war im nachhinein ein Fehler, denn ich konnte ihn der Nässe wegen kaum überziehen. Somit hatte ich einen superlangen Wechsel zum Rad. Auf dem Rad lief es sehr gut. Ich bin 100% ohne Windschatten gefahren, leider haben viele diesen wichtigen Punkt für diesen Sport überhaupt nicht ernst genommen, und es gab meiner Meinung nach viel Lutscherei auf der Strecke. Die Bedingungen waren dennoch gut, aber ich habe mich trotzdem etwas zurückgehalten. Ich wusste, dass ich viel Energie noch auf der Laufstrecke benötigen würde. Mittlerweile war es auch wieder superheiß geworden, und es war wie immer auf Hawaii.

Der Wechsel vom Rad zum Laufen verlief gut, trotzdem merkte ich schon bei den ersten Schritten, dass mein Magen-Darm-Bereich nicht wirklich in Ordnung war. Es kam, wie es kommen musste. Ich hatte eine Pace von 4:15, und bei Km 6 am Turn am Ali Drive musste ich ins Dixi. Es war nicht möglich weiterzulaufen. Am Anfang dachte ich, dass es vielleicht nur einmal sein müsste und dann wäre alles wieder gut. Weit gefehlt, denn es ging genau so weiter, und nach dem Anstieg an der Palani Road war das nächste Dixi dran. Dazu kam das Problem mit dem Anzug und den langen Ärmeln, den man weder aus- noch angezogen bekommt. Oberkörperfrei geht aber in den USA nicht, und so wurde es ein extremes Prozedere, und ich zweifelte sehr, dass ich es überhaupt noch ins Ziel schaffen würde. Es ging mir richtig schlecht, und ich hatte jegliche Energie verloren, und ich wusste genau wo. Es war einfach nicht möglich, die Speicher wieder aufzufüllen.

Das ganze bei Kilometer 12, also noch angenehme 30 Kilometer vor dem Ziel. Es ist in diesem Moment ganz einfach. Der Körper sagt dir „Junge halt an, lege dich hin, das war es“. Gut, dass der Körper nicht alleine entscheidet, und so hat der Kopf dem Körper befohlen, gefälligst bis ins Ziel zu laufen. Es ist erstaunlich, wie weit sich diese physische Grenze verschieben lässt, und so kam ich dann Schritt für Schritt dem Ziel doch näher. Immer in kleinen Etappen und mit noch kleineren Zielen. Wobei kleine Ziele auf Hawaii sehr große sein können. Es gibt keinen Baum und auch nicht wirklich viele Kurven. Man sieht einfach immer nur die unendliche Weite, und alles kommt nur sehr langsam näher. Genau das ist der Unterschied, und was es so unendlich hart macht.

Der Weg durch das Energy Lab war brutal, und ich habe einfach alles an Getränken und Eis aufgenommen. Dann endlich die Abbiegung zur Palani Road, diesmal abwärts. Man denkt, einfach mal laufen lassen, aber jeder Schritt bergab tat genauso weh wie zuvor bergauf. Trotzdem war ich superglücklich, dem Ziel so nahe zu sein, und die letzten Meter konnte ich sogar noch einigermaßen genießen, obgleich mein Körper immer noch total leer war.

Im Zielbereich war die Stimmung gigantisch, und ich war einfach nur froh anzukommen. So wirklich konnte ich es kaum fassen, was da passierte. Auch wenn die Zeit nicht wirklich gut war bzw. nicht ganz meinen Wünschen und Vorstellungen entsprach, war es dennoch ein unglaubliches Gefühl, mit Ansage einzulaufen. Im Ziel habe ich mich direkt auf den Weg zu meiner Frau gemacht. Einfach den Moment zu zweit in den Armen liegend zu genießen. Ohne Ezo hätte für mich dieser Wettkampf nie stattgefunden, ohne sie hätte ich dieses Ziel niemals umsetzen können und ohne sie wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt stehe. Ich danke ihr von Herzen für ihren Mut und für diesen unglaublichen gemeinsamen Moment. Ich danke auch meinem Bruder, der es mit seinem Trainingsplan möglich machte, dass man nur mit einem Jahr Vorbereitung gleich den Traum Ironman Hawaii ermöglichen kann. Das war eine absolute Ausnahmeleistung aller Beteiligten.

Diese Erfahrung und diese Erinnerungen werden ewig bleiben. Ich freue mich sehr auf die kommende Saison 2019 und wünsche mir, den Verein in Ligawettkämpfen unterstützen zu können.
ALOHA
Ronny und Ezo
 



 

 

 

 







Fotos: copyright finisherpix

 

 

zurück zur Triathlon News Übersicht