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Mehr als drei Mal um den Globus
Der fast 84-jährige Josef Vossen lief am Sonntag seinen 125 000. Kilometer

Laufen ist mittlerweile zum Breitensport geworden. Decksteiner Weiher, Grüngürtel, Fühlinger See - am Wochenende hecheln und schnaufen unzählige Jogger durch die Kölner Grünanlagen. Marathon-Schulen sprießen wie Pilze aus dem Boden, um selbst den lahmen Bürohengst für die 42-Kilometer-Distanz zu trimmen. Als der Lindenthaler Josef Vossen sich 1965 entschied, den nah gelegenen Stadtwald joggend kennenzulernen, war die gesellschaftlicher Akzeptanz nicht so groß: „Die Leute haben uns immer verhöhnt, indem sie uns »Eins, zwei, eins, zwei« hinterher gerufen haben.“ Mit nostalgischem Unterton erinnert er sich zusammen mit seinem Freund, Gerhard Uhlenbruck, gerne an die Pionierzeit. Die beiden lernten sich beim Laufen kennen. Damals kannten sich die wenigen Stadtwald-Sportler noch alle persönlich. Professor Uhlenbruck, emeritierter Sportmediziner, steuert eine weitere Anekdote bei. Vor mehr als 30 Jahren sagte der Dekan der medizinischen Fakultät: „Herr Uhlenbruck, für einen habilitierten Professor gehört es sich nicht, sonntags durch den Stadtwald zu rennen. Laufen Sie doch lieber im Dunklen.“ Josef Vossen, 1965 bereits 47 Jahre alt, scherte sich nicht um die öffentliche Meinung, wurde statt dessen zum Ausdauermenschen. 49 Mal ist der gebürtige Aachener, der nach dem Krieg an den Rhein kam, zum Marathon angetreten und hat 39 Mal die Ziellinie überschritten. 1974 pumpte er sich in Refrath besonders aus, überbrückte die 42 Kilometer in drei Stunden und 13 Minuten - seine Bestzeit. Wenn er heute, mit fast 84 Jahren, zwölf Kilometer drei Mal die Woche trabt, schafft er die tausend  Meter in acht Minuten.


Josef Vossen, 84 Jahre
© Foto: Worring

Er verschliss dutzende Sportschuhe („Pro Jahr ungefähr ein Paar"), die ihn insgesamt über eine enorme Distanz trugen. Am vergangenen Sonntag wurde Kilometer 125 000 (!) abgerissen. Dreimal um den Globus und nochmals 5000 Kilometer drauf. Wenn jemand diese Zahl anzweifelt, kramt der rüstige Rentner einen Stapel von Notizblöcken hervor. Josef Vossen schrieb jede Laufeinheit penibel auf und addierte die Endsumme. Der Eintrag vom siebten November 1968: „Stadtwald, 11 km, ca. 7 Grad Celsius.“ Aber der zweimalige Großvater schaut nicht gerne in seine Chronik: „Man erkennt so schnell den Leistungsabfall im Alter.“ In Kürze will er sein Pensum auf acht Kilometer herunterschrauben.

Wenn Josef Vossen keine Joggingschuhe an den Füßen hat, strahlt er eine besondere Ruhe aus. Da Tochter Gaby früher Leistungsschwimmerin war, baute er einen Handel mit Badeanzügen und Schwimmbrillen auf. Bei Wettkämpfen lernte er den Essener Christian Keller kennen. Der Weltmeister von 1993 freundete sich mit Vossen an: „Der Josef gab mir immer viele Tipps. Er hat so eine ruhige, väterliche Art.“

Weil er Priester werden wollte, studierte Vossen vier Semester katholische Theologie. Doch die Einberufung in die Wehrmacht durchkreuzte die Pläne, und der Krieg raubte die letzten Illusionen. Obwohl Vossen bis zur Pensionierung bei einem juristischen Verlag arbeitete, meint sein Freund Gerhard Uhlenbruck: „In gewisser Weise ist Josef immer noch ein Theologe.“

© Claas Meyer-Heuer

 

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