Teil von WWW.ULI-SAUER.DE  Laufen in Witten  Ulis Laufseiten  Stories  Foto-Seiten  Buchtipps  Neues  Links

sitemap  Impressum  Guter Zweck  Gästebuch  Kontakt

www.london-marathon.de
Hauptseite  Anmeldemöglichkeiten  Reise-Agenturen  Pro und Contra  Stimmen  Bis zum Start Teil 1  Teil 2 
Auf der Strecke  Im Ziel  Hall of Fame 
Statistik  Karneval  Medals'n'Mottos  Travelcard  Zuschauer-Route 
FAQ
 Offizielle Hinweise  Weltstadt London  Forum

Mit Whomble und Ladder Man auf der Tower Bridge 
(Bericht vom 22.04.2001)

 

Früh um 7 Uhr bringen uns die DER-Busse zum Startgelände. Gleich 2 Busse werden voll, und die Befürchtung, dass uns erst noch eine Stadtrundfahrt bevorstehe, bestätigt sich nicht. Dafür werden wir nach einer guten halben Stunde Fahrt irgendwo auf den Höhen von Greenwich ausgesetzt und haben noch 20min zu unserem roten Startpunkt zu gehen.

Erst um 09.30 Uhr ist unser Start. Die Dixihäuschen sind noch nicht belagert und ein wichtiger Gang schnell erledigt. Ingo aus Castrop und ich lassen uns dann auf der Sammelplatzwiese nieder und beobachten das Treiben. Auffallend sind die vielen Läufer, die zugunsten der charity „Whizz Kids“ laufen. Alle tragen sie große Hasenohrenmützen und verbreiten gute Stimmung. Ingo schüttelt immer wieder den Kopf ob der abenteuerlichen Kostüme mancher Marathonteilnehmer. Ich fotografiere einen womble, eine großes langhaariges Felltier, und ein kreischend buntes Etwas, das wie eine Riesenpille aussieht.

dixies.jpg (59005 Byte)
 Ruhe vor dem Sturm:
Armee der Dixi-Häuschen

wizzkids.jpg (71698 Byte)
die fröhliche Meute der whizz kids charity


the womble ist schon ein 
Prominenter unter den 
Teilnehmern
(Foto BBC 2000)

womble1.jpg (48693 Byte)     

hier posiert er für meine Kamera
(vor dem Start)

pille.jpg (71106 Byte)
und dieser ist auch nicht schlecht, keine Ahnung, was der Farbpinsel aussagen soll


Dann ist es nochmal Zeit für die nicht zu lange Schlange am Kirmesklo und den Weg zum Gepäckwagen. 20min vor dem Start kommen wir problemlos ohne großes Gedränge in den Startblock 3. Dort wird der Einlaß streng kontrolliert. Vor uns wird ein Mogler regelrecht eingefangen und hinauskomplimentiert. Weiter vorne allerdings wird niemand aufgehalten, der links oder rechts über den Zaun hineinklettert. Erstaunlich, was die Wartenden so alles im Handgepäck dabei haben. Handys sind beinahe selbstverständlich, Fotoapparate nicht selten, und hinter uns filmt jemand mit seiner Videokamera (im 3:30-Block, und das laufen die Leute auch!).  

kitbags.jpg (60267 Byte)
stressfrei: die Kleiderbeutel-Abgabe



so ging's los am blauen Start (Foto: BBC)

Schon einige Minuten vor dem Startschuß werden die Blocks nach vorne hin zusammengeschoben. Wir rücken so der Startlinie immer näher. Und richtig, das klappt perfekt. Nur etwas über 2 Minuten nach dem Startschuß sind wir an der Linie, und danach können wir erstaunlicherweise unser Tempo sofort laufen. Im Vorjahr am blauen Start brauchte ich rund 5 Minuten aus dem gleichen Startblock.  


Von Beginn an ist die Stimmung unter Läufern und Zuschauern hervorragend. Zu Anfang sind die Reihen links und rechts noch dünn besetzt, doch spätestens wenn die ersten Pubs mit Live-Musik zu hören sind, haben wir eine richtig große Kulisse. Irgendwann werde ich übermütig und beginne, Kinderhände abzuklatschen, bis mir die Vernunft sagt, dass ich meine Kräfte besser sparen sollte. Dann ein Zwischenfall an einer Getränkestation. Mit meinem unorthodoxen Arm-Laufstil schlage ich einer Läuferin die eben ergatterte Liquid Power Packung aus der Hand. Klatsch, liegt sie auf der Straße (die Packung, nicht die Läuferin). Zum Glück habe ich meine eigene Portion gerettet und kann sie der verdutzten Frau in die Hand drücken. An den vorbildlich langen Getränkeständen bleibt dann immer noch Zeit, sich neu zu versorgen. Unangenehm ist nur, dass hinter den Liquid Power Stationen stets die ganze Straße klebt. Ansonsten geht es an den Stationen ausgesprochen rücksichtsvoll zu (abgesehen von rudernden Teilnehmern aus D). Und die Helfer haben immer Zeit für eine kleine Aufmunterung.

Irgendwo zwischen Greenwich und Tower Bridge verabschiedet sich Ingo zu einer Pinkelpause und ward nicht mehr gesehen. Komisch, die Annäherung an die Tower Bridge hatte ich aus dem Vorjahr ganz anders in Erinnerung. An einer Kreuzung sehe ich das Schild „Tower Bridge Street“, und schon läuft mir ein Schauer den Rücken hinunter. Wir biegen rechts ab und haben sie vor uns. Ich nehme noch etwas Tempo raus, um den Augenblick zu genießen. Links und rechts Massen von Zuschauern. Erstmals reagiert jemand auf mein Namensschild und feuert mich an. Ein dankbares Lächeln und ein Winken gehen hin und her. Diese Meile wird eine Minute langsamer als die vorher und nachher, aber was soll’s. Das Erlebnis ist es wert. Eitel achte ich auch darauf, gut aufs Foto zu kommen, das hier von der Agentur gemacht wird (hoffentlich hat’s geklappt).



 im Vorjahr auf der Tower Bridge
(Foto: BBC) 


 Dann kommt die Phase, in der man die entgegenkommenden Profis sieht. Für die ersten bin ich aber nicht schnell genug, sie sind schon durch. Für uns ist hier Halbzeit, die auf der anderen Seite haben schon 35km hinter sich. Wir biegen auf die Isle of Dogs ein. Ich habe mein erstes Schmerzerlebnis. Nicht ganz unbekannte Beschwerden am linken Hüftgelenk machen sich breit. Das kommt von der Bandscheibe. Ich versuche meine Haltung zu korrigieren. Mit Erfolg, nach ein paar Minuten gibt sich das Problem wieder. Ausgangs der Docklands wird einem dann langsam klar, dass man noch ein ordentliches Stück Arbeit vor sich hat. Neue Schmerzen am Knie-Außenband (oder ist es der Meniskus?) machen mir Sorgen, verschwinden aber auch nach einigen Minuten wieder.

 Jetzt selbst bei km 35 angekommen, sehen wir viele Leidende auf der anderen Seite, die wenigsten können überhaupt noch laufen. Auf dem kurzen Stück begegnet mir ein Wikingerschiff, ein Minicar und ein „ladder-man“, der wahrhaftig eine riesige Alu-Leiter mit sich herumschleppt.

 

   
     alle Fotos: BBC


Jetzt geht es durch schmale Gassen in den St.-Katherine’s Docks. Hier ist die erste von zwei Kopfsteinpflaster- Passagen, die zweite kommt kurz danach am Tower. Ich muß mich konzentrieren, um nicht über die eigenen Beine zu fallen. Am Tower liegt ein Teppich aus, der nicht viel hilft. Hier ist auch die zweite Massage-Station, die viele Kunden hat. Auch meine Oberschenkel zeigen wenig Verständnis für diese Wettkampfphase, doch noch gehorchen sie, wenn auch mittlerweile mit etwas Verzögerung.

 

Es geht in den Straßentunnel Blackfriars hinab. Viele haben offenbar auf den Moment ohne Zuschauer gewartet. Manche fallen in sich zusammen, bleiben stehen oder gehen nur noch. Andere erleichtern sich an der Spuntwand. Mir liegen die Getränke mittlerweile wie ein Stein im Bauch, doch ich bin mir sicher, dass da kein Tropfen käme. Ich trinke jetzt weniger, denn ich krieg das Vittel-Wasser einfach nicht mehr runter. Dann tauchen wir wieder auf und finden uns an der dichtbesetzten Themse-Uferstraße wieder. Für mich die härteste Phase. Immer wieder werde ich jetzt angefeuert (Uli auf englisch kommt meistens als „Juli“ rüber). Ich habe aber keine Kraft mehr, den Kopf hochzunehmen und hebe allenfalls müde die Hand. Mittlerweile habe ich den Tunnelblick aufgesetzt, der Puls schwindet dahin, und ich halluziniere von der Ziellinie. Das letzte Stück muss wirklich sehr schön sein, mit Big Ben, Parlament, Westminster Abbey, Birdcage Walk, Buckingham Palace, Victoria Brunnen. Ich konnte das alles nicht mehr wahrnehmen und bin doch irgendwie angekommen.



genau so muss ich auch 
 ausgesehen haben (Foto: BBC)  

space.jpg (62128 Byte)
gleich der erste Beutelwagen war meiner, zum Glück


Hinter der Ziellinie schwanke ich etwas, halte mich aber auf den Beinen. Zum Glück ist mein Gepäckwagen der allererste in der langen Reihe. Ein paar Meter weiter sinke ich in den Staub des Fußweges und stehe erstmal lange nicht mehr auf. Bis mir dann klar wird, dass ich bei diesem schönen Sonnenwetter nebenan im St.-James-Park besser aufgehoben bin. Dort döse ich auf englischem Rasen noch lange vor mich hin, bis es langsam kalt wird und die Lebensgeister mich in das vorher schon ausgeguckte Pub treiben. Doch auch dort bin ich glücklich, aber zu erschöpft, um mein Pint Bitter zu genießen. 

Keinerlei Zweifel plagen mich: Im nächsten Jahr wieder!  

whitehall.jpg (43995 Byte)
seltener Anblick: Whitehall autofrei

nach  oben             © 2000-2004  Uli Sauer, Witten

sitemap  Impressum  Guter Zweck  Gästebuch  Kontakt