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Segel-Post 02
von
Stefan Vorberg
Pas de deux: Schrittweise segeln zu zweit - Gaby und Stefan auf den
Meeren der Welt in ihrem so benannten Boot
26.10.10
Überfahrt Madeira- Lanzarote
Kann man machen, muß man aber nicht. Bei Süd-Südwest starten und auf die
angekündigte Winddrehung nach West zu hoffen, ist nicht das, was ich noch mal
brauche. Wir sind vormittags gestartet und hatten Mühe, die Desertas - zwei
vorgelagerte kleine Inseln bei Madeira - bis abends passiert zu haben, da wir
nicht höher anlegen konnten. Der Wind nahm immer mehr zu, drehte aber nicht,
so daß es nichts war, von sanften Engelsfürzen über den Atlantik geblasen zu
werden, sondern eher von einer Trompete, die an einen Wasserschlauch
angeschlossen
wurde. Es heulte und krachte im Rigg, ständig kam Wasser über.
Zu allem Überfluss stürzte Gaby bei dem Gepolter gegen den Herd und zog sich
eine schmerzhafte Rückenprellung zu. Aber hart wie sie ist, biss sie die
Zähne zusammen und ließ keine Wache aus. Hut ab.
Am anderen Tag drehte der Wind endlich, und wir hatten mit halbem Wind recht
schnelles Segeln. Etwa hundert Seemeilen vor Graciosa biß ein Thunfisch von
ordentlichem Kaliber, aber da wir so schnell nicht Fahrt aus dem Boot
kriegten, konnte er sich losreissen. Ein fester Drahthaken hat sich glatt
aufgezogen. Das schmerzte ordentlich (vermutlich auch den Thunfisch - der
webmaster), da ich ihn schon gesehen hatte und ihn eigentlich schon auf der
Zunge spürte. Das wäre der Fang unseres Lebens geworden, und ich jammerte
Gaby die Ohren voll, während sie geduldig ihre Schmerzen ertrug.
Die letzte Nacht entschieden wir uns, fünfzehn Seemeilen vor Graciosa bei
zudrehen da uns der Mut verließ, bei Nacht Landfall an einer völlig
unbeleuchteten Insel zu machen. Gegen vier Uhr morgens segelten wir weiter
und erreichten im Morgengrauen Graciosa, wo wir in der Bahia del Salado den
Anker fallen ließen.
Die Schönheit dieser Insel und die Ruhe nach dem harten Gepolter auf See nahm
uns sofort gefangen, und wir fühlten uns wie in einer Oase der Glückseligen.
Auch einige Bekannte trafen wir wieder, unter anderem Philipp aus Frankreich
mit Frau und Sohn, der uns berichtete, dass das Ankern in dieser Bucht
mittlerweile verboten wäre und morgens ein Boot alle Segler aufgefordert
hätte, die Bucht zu verlassen, was aber nicht alle gemacht haben.
Auch wir ignorierten diese Nachricht erstmal, es war einfach zu schön, um
sich vertreiben zu lassen. Ich schnorchelte erstmal die Umgebung ab und
pflegte alte Bekanntschaften und natürlich meine Gaby, die noch immer unter
starken Schmerzen litt.
26.10.10
Stefan Vorberg
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