Von Andrea Halbe (LT Stockum)
Bad Salzuflen Marathon
Hallo Lauffreunde,
meinen ersten Marathon bin ich 1994 in Hamburg gelaufen. Da es mein
erster Marathon war und ich erst im November 1993 mit dem Laufen
begonnen hatte, musste ich mir damals auf der Marathonmesse noch eine
kurze Laufhose kaufen. Seitdem versuche ich immer bei meinen
Marathons, diese Hose zu tragen. Mittlerweile ist die Hose schon
mehrfach geflickt und natürlich total unmodern.
Da es vielleicht aus gesundheitlichen Gründen mein letzter Marathon
sein wird, wollte ich noch einmal meine „Glückshose“ anziehen und habe
sie einfach über die lange Hose gezogen, denn mir ist heute eine kurze
Hose zu kalt und durch die Flicken scheuern mittlerweile die Nähte
auch. Sieht schon ziemlich blöd aus, aber Laufstrecken sind ja keine
Laufstege.
Übrigens ist es heute mein persönlicher Jubiläumslauf: mein 150.
Volkslauf. Deshalb habe ich meine Startnummer mit goldenen
Sicherheitsnadeln befestigt. Ich zähle natürlich die Wittener
Zwiebelläufe auch dazu und auch den 10 km Volkslauf in Paderborn, den
ich abbrechen musste. Dies ist mir nur einmal passiert, aber auch
dieses Malheur ist kein „Beinbruch“. Grenzen zu erkennen und zu
akzeptieren ist auch ein Zeichen von Stärke.
Beim „Probelauf“ in Bertlich habe ich festgestellt, dass ich die
Getränke noch ein wenig umstellen muss.
Jetzt kann das Laufen beginnen, dachte ich. Leider konnte ich seit
Bertlich nicht mehr trainieren. Dies ist jetzt 3 Wochen her.
Normalerweise trainiere ich bis eine Woche vor dem Marathon. Dann, in
der letzten Woche, jogge ich eigentlich gar nicht mehr. Ich „trabe“
nur noch ein-, zweimal ein wenig eine dreiviertel Stunde und esse
einen Tag vor dem Marathon Nudeln oder Kartoffeln, trinke Malzbier,
soviel ich kann, um den Kohlenhydrathaushalt aufzufüllen. Dabei mag
ich gar kein Malzbier; egal, einmal kann man sich ja mal ein bisschen
„ quälen“.
Wenn ich dran denke, nehme ich viel Magnesium und Vitamin C zu mir.
Ich habe gehört, dass dies dem Muskelkater vorbeugen soll. Das
Einnehmen vom Magnesium sollte man aber vorher ausprobieren, denn
manche Menschen bekommen davon Darmprobleme. Bei mir funktioniert
dies. Nach einem Marathon hatte ich sogar am nächsten Tag keinen
Muskelkater. Fand ich klasse, ist aber sehr selten.
Jetzt geht es los. Das Wetter ist heute fantastisch, 8 Grad und ein
wenig Sonne. Vor dem Start habe ich meinen Laufkollegen Dirk Meurer
gesehen. Die ersten 5 km sind wir zusammen gelaufen und haben uns
natürlich über das Laufen unterhalten. Was sonst! Ich merkte aber,
dass sein Tempo mir zu schnell war und wollte ihn auch nicht weiter
aufhalten und verabschiedete mich nach etwa einer halben Stunde von
ihm und lief mein langsameres Tempo weiter.
Ein wenig später fand ich eine Läuferin, die mein Tempo lief und wir
unterhielten uns natürlich auch über das Laufen. Im Gespräch kam
heraus, das Jutta E. eine Extremläuferin ist und schon etliche
"Wahnsinnsläufe" gelaufen ist. Für mich persönlich sind solle
Extremläufe nicht machbar, aber ich finde die Erzählungen und
persönlichen Erfahrungen dieser Läufer interessant. Bei km 15 trennten
sich unsere Wege, dies war auf der zweiten Runde. Alles war noch
klasse.
Beim letzten Verpflegungspunkt habe ich „mein Personal“ (meine
Schwester und meine Mutter, die heute 70 Jahre alt wird) platziert.
Somit ist meine Eigenverpflegung garantiert, und ich kann notfalls
noch ein Kleidungsstück „los werden“ oder anziehen. Ein Kleidungsstück
zu wechseln war allerdings nicht notwendig, wie sich später
herausstellte. Die Betreuung klappe auf allen 5 Runden prima.
Auf der 3. Runde bei etwa 20 Kilometer kam der dicke Einbruch. Es kam
nicht nur der „Mann mit dem Hammer“, sondern der „Mann mit dem
Presslufthammer“. Keine Ahnung warum, und keine Ahnung warum schon so
früh. Ich dachte nach, was ich machen kann, vielleicht war ich
unterzuckert. Ich hatte zwar ausreichend gefrühstückt und regelmäßig
Kohlenhydrate in Form von Gummibärchen während des Laufs gegessen,
aber irgendeinen Grund musste es ja geben. Ich kramte mein Handy
heraus, um meinen Personal Anweisung zu geben, dass sie mir nicht mehr
nur Wasser, sondern Wasser mit Cola reichen. Eine Wasserflasche und
eine Flasche mit Cola pur trug ich immer bei mir, um während der 8 km
Runden noch variieren zu können.
Ich nahm zusätzlich noch einen Müsli-Riegel, den ich vorsichtshalber
eingepackt hatte. Beim Telefonieren mit dem Handy fiel mir auf, dass
meine Feinmotorik leicht gestört war und ich ein wenig verschwommen
sah. Jetzt war es soweit, ich musste eine Entscheidung treffen, nach
der dritten Runde abbrechen und ins Ziel laufen oder weiterlaufen,
inzwischen taten mir die Knie und die Oberschenkel auch „tierisch“ weh
und die Magenschmerzen, die ich von Anfang an hatte, gingen auch nicht
weg. Ich entschied mich bis zur nächsten Verpflegung erst einmal
weiter zu laufen, denn ca. 100 Meter weiter konnte man dann zum Ziel
laufen und den Lauf mit 26 km beenden (Baukasten-System).
Als ich an der Verpflegungsstand ankam, ging es mir wesentlich besser.
Mir war es nicht mehr so schwindelig und die Knieschmerzen hatte ich
erfolgreich ignoriert. Dieser Marathon hat einen Höhenunterschied von
ca. 480 Meter, wenn ich mich nicht verrechnet habe, und da sind Knie-
und Oberschenkel-schmerzen halt normal, zumal ich erst seit etwa einem
Jahr wieder laufe. Die vierte Runde verlief den Umständen entsprechend
gut. Ich fand einen Läufer zum Unterhalten. Dem Akzent nach dachte
ich, der Läufer kommt aus England. Ich fragte ihn und er gab als
Antwort, dass er nicht aus England kommt, sondern aus Wales und hier
beim Militär ist. Ich fragte ihn noch, die wievielte Runde es bei ihm
wäre, denn inzwischen wurde man auch schon überrundet. Bei ihm war es
ebenfalls die vierte, er wusste aber nicht, ob er die fünfte Runde
noch laufen möchte oder kann, da auch bei ihm sich die körperlichen
Schmerzen doch heftig äußerten. Ich sprach ihm Mut zu, dass er die
letzte Runde auch noch schafft, wünschte ihm viel Glück und
verabschiedete mich mal wieder, da ich auch sein Tempo nicht mithalten
konnte. Da die vierte Runde bis auf ein paar Kleinigkeiten ganz gut
lief, entschloss ich mich die letzte Runde anzutreten. Ein
Fehlschluss, wie sich später herausstellte.
Auf der letzten Runde fand ich niemanden mehr zum Unterhalten, und man
sah auch nicht mehr viele Läufer auf der Strecke. Auf einmal rief mir
ein Läufer hinterher: „Du muss hier entlang“. Verdammt ich hatte einen
Abzweig verpasst. Genau an der gleichen Stelle, hatte ich mich beinahe
in der dritten Runde schon verlaufen. Ich bedankte mich „tausendmal“,
denn wenn dieser Läufer nicht so aufmerksam gewesen wäre, wäre die
ganze Quälerei umsonst gewesen und ich wäre vielleicht in Hamburg,
München, Bonn oder Berlin gelandet, denn die Himmelsrichtung konnte
ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestimmen.
Inzwischen war die Sonne nicht mehr zu sehen und die Temperatur sank.
Um mir ein bisschen Mut zu machen und mich selber zu unterhalten,
kramte ich noch einmal mein Handy hervor und ließ das Lied „ab in den
Süden, der Sonne hinterher“ abspielen. Dies hatte ich bei einem
verregneten Inliner-Marathon von Inliner-Marathonis vor dem Start mal
im Chor singen gehört, fand ich damals mega-lustig. Auch die
Inliner-Marathonis sind ein lustiges Völkchen und haben Humor.
Jetzt kam endlich das Schild 40 km, Gott sein dank, denn mein Tempo war
schon so langsam, dass ich aufpassen musste, nicht von einer Schnecke
überholt zu werden. Der letzte Kilometer war für mich sehr
anstrengend, denn das steile Bergablaufen tat meinen Oberschenkeln
nicht gut. Beim Zielfoto bzw. beim Foto nach dem Lauf kann man
vielleicht erahnen, dass ich extrem an meiner Leistungsgrenze war.
Während des Zieleinlaufes passierte mir noch ein kleines Missgeschick.
Ich stoppte die Zeit zu früh, so dass ich meine genaue Zeit nicht
wusste. Die Urkunde und das Ergebnis werde ich in der nächsten Woche
bekommen, muss etwas unter 4:45 h gewesen sein, ist auch nicht so
wichtig, Hauptsache ich bin im Ziel.
Zu meinen Personal, das wie vereinbar im Zielbereich bereit stand, um
mich im Empfang zu nehmen, sagte ich nur:
„Nie wieder einen Marathon!!!“ Den Rest nach dem Lauf erspare ich
Euch, möchte ja keinen davon abhalten, einen Marathon zu laufen.
Allen Marathonis (natürlich sind damit auch die Läuferinnen gemeint),
wünsche ich erfolgreiche Frühjahrsmarathons in Hannover, Hamburg,
London usw.
Gruß, Andrea
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